Die Ausstellung handelt vom größten Fall rechtsterroristischer Gewalt im Österreich der Zweiten Republik. In den Jahren 1993 bis 1996 erschütterte eine Anschlagserie mit Briefbomben und Sprengfallen das Land. Die Attentate hatten vor allem Minderheiten und ihre Unterstützer*innen im Visier. Eine umfassende historische Aufarbeitung der Terrorwelle und ihrer Folgen hat bis heute nicht stattgefunden.
Zwischen den Jahren 1993 und 1996 erhielten in ganz Österreich insgesamt 25 Personen und Organisationen explosive Post. Im gleichen Zeitraum detonierten in Kärnten und im Burgenland drei Spreng- bzw. Rohrbomben. Die Anschläge hatten vier Tote, vier lebensgefährlich Verletzte und neun Verletzte zur Folge.
Der Terror adressierte ausschließlich Minderheitenangehörige und ihre Unterstützer*innen. Der folgenschwerste Anschlag fand im Februar 1995 im burgenländischen Oberwart statt, bei dem vier Roma-Angehörige einer Sprengfalle zum Opfer fielen. Josef Simon, Karl Horvath, Erwin Horvath und Peter Sarközi starben durch eine Explosion, als sie eine Tafel mit der Inschrift „Roma zurück nach Indien!“ entfernen wollten.
Obwohl die Auswahl der Adressat*innen bald auf Urheber aus dem rechten Eck schließen ließ, gestalteten sich die Ermittlungen sehr langwierig und nahmen erst im Herbst 1997 zufällig ein Ende. Bei einer Verkehrskontrolle im südsteirischen Gralla zündete der angehaltene 48-jährige Vermessungstechniker Franz Fuchs einen Sprengkörper, der ihm beide Hände abriss.
In welchem ideologischen und politischen Umfeld ereigneten sich die Terroranschläge? Inwiefern hatte die Denkwelt des schlussendlich verurteilten Einzeltäters mit der rechten Stimmungsmache Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre in Österreich zu tun? Etwa mit dem Anti-Ausländer-Volksbegehren der FPÖ und mit der menschenverachtenden Sprache, die von Stammtischen in die Politik überschwappte?
Die vier Jahre andauernde Terrorwelle der „Bajuwarischen Befreiungsarmee“, wie sich die Urheber der Bombenserien in ihren Pamphleten bezeichneten, nahm Aspekte des aktuellen Rechtsterrorismus vorweg. Nicht nur in der Wahl der Opfer, auch die Inhalte der seitenlangen anonymen Bekennerbriefe von damals, die „Fremdherrschaft“, „Invasion“ und „Bevölkerungsaustausch“ anklagen, wiederholen sich heute in einschlägigen Hasspostings im Internet sowie in politischen Programmen rechter Parteien und Gruppen.
Die Ausstellung der Initiative Minderheiten erinnert an den Schrecken der Bomben und die Angst, die Österreichs Minderheiten vier Jahre lang begleitete. Sie gedenkt der Opfer, lässt Betroffene zu Wort kommen und dokumentiert den politischen und medialen Umgang mit der Terrorwelle. Anhand von historischen Dokumenten, Fotografien und medialer Berichterstattung wird zeitgeschichtliches Wissen über die Jahre des innenpolitischen Terrors vermittelt und die Rolle des politischen Klimas in der Zeit der Gewalttaten beleuchtet. Neun Videos mit Zeitzeug*innen und Expert*innen kommentieren Facetten der Geschehnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Rechtsextremismus ist keine Randerscheinung mehr. Die menschenverachtende Propaganda findet bis in die sogenannte Mitte der Gesellschaft Anklang. Als harmloser Protest getarnt, greift sie in gesellschaftliche Debatten ein. Der Übergang von rechtsextremem Gedankengut zu rechtsextremistischem Terror, von verbalen Angriffen zu physischer Gewalt ist fließend. Davon zeugt nicht nur die Geschichte des Brief- und Rohrbombenterrors der 1990er Jahre. Das Thema ist brennend aktuell.